Samstag, 4. April 2009

Culture québécoise, eine Schlittenhundetour, Ahornsirup und eine starke Bronchitis

Hallo Leute,

erstmal sorry, ich hätte eigentlich schon viel früher wieder schreiben müssen, aber das wird jetzt nachgetragen.

Wie ihr ja wisst, bin ich Mitte März 22 geworden... Das habe ich natürlich hier auch gebührend gefeiert. Da ich ja an einem Sonntag Geburtstag hatte, habe ich von Samstag auf Sonntag reingefeiert. Erst habe ich zum Vorglühen ein paar Leute zu mir eingeladen. Ok, so easy wie sich das jetzt anhört war das eigentlich nicht: denn mein kleines Zimmer hier hat nur ungefähr 12 Quadratmeter, und eingeladen waren ungefähr 20 Leute... Naja ein Paar sind dann schon früher gekommen und teilweise auch früher gegangen, deshalb waren es zu Höchstzeiten 15 Leute in meinem Zimmer und hat eigentlich ganz gut funktioniert! Danach sind wir dann kurz vor 12 Uhr weitergezogen, in die "Petite Grenoulle" um dort in meinen Geburtstag reinzufeiern. Die Petite Grenouille, das ist gar nicht so einfach zu erklären, was das genau ist, weil es in Deutschland soetwas nicht gibt. Sie ist soetwas wie ein Club, eine Bar oder Disko und nennt sich "Boite à chansons" was auf deutsch so viel heißt wie Liederkiste. Dies ist etwas typisch quebecisches: Jeden Abend spielt dort ein Sänger mit Gitarre live-Lieder. Die Lieder sind auch meistens sehr bekannt und beliebt und das Ganze sorgt dann für eine besondere Stimmung. Ist jedenfalls eine meiner Lieblingsclubs hier, weil echt immer gute Musik gespielt wird und die Stimmung einfach immer super ist!
Tradition ist es hier auch in den Boite à Chansons, wenn man Geburtstag hat, dass man dann auf die Bühne des Sängers muss und zu einem bekannten Lied erst mit einem Bier in der Hand einen bestimmten Tanz ausführen muss, und dann das Bier auf Ex trinken muss. Das ist mir dann natürlich auch nicht erspart geblieben und ich musste also auch rauf auf die Bühne. Aber ich hatte das Ganze zum Glück vorher schon oft genug gesehen, deswegen wusste ich auch in etwa wie die Choreographie zu dem Lied geht, und das Bier-exen habe ich dann auch gut gemeistert... das quebecische Geburtstagsitual habe ich also bestanden ;-)

In den darauffolgenden Tagen bin ich dann leider nicht so gut in mein neues Lebensjahr gestartet. Dienstags abends hatte es mich dann erwischt und ich habe eine ziemlich heftige Grippe eingefangen. Ich lag daraufhin tagelang mit Husten und Fieber im Bett und mir ging es wirklich sehr dreckig. Ich würde sogar sagen so schlecht ging es mir nicht mehr seit ich mit 14 meinen Blinddarm rausbekommen habe. Es war als hätte jemand sämtliche Energie aus meiem Körper herausgezogen, und für mich war jeder Schritt, ja jede Handbewegung ein riesiger Kraftaufwand... naja aber ich will euch jetzt nicht von meinen krankeitsgeschichten langweilen, aber diese Grippe kam wirklich zum ungünstigsten Zeitpunkt.
Ich hätte nämlich eigentlich eine Klausur für einen Kurs, den ich mir in Augsburg anrechnen hätte können, gehabt, aber in meinem Zustand konnte ich unmöglich lernen. Ich hätte die Klausur zwar später nachholen können, aber ich habe mich dann entschieden den Kurs zu kicken, damit ich mehr Zeit hier in meinem letzten Monat in Quebec habe, und ich denke nicht, dass ich das bereuen werde!

Ja, außerdem war zu dieser Zeit dann noch Schlittenhundefahren gebucht! Das war Freitags, also auch zu der Zeit als ich noch krank war. Aber da es schon bezahlt war, und für mich für diesen Winter die letzte Möglichkeit gewesen wäre, und das Schlittenhundfahren ganz oben auf meiner To-do-Liste hier stand, hab ich es trotz Erkältung gemacht! Es waren auch nur zwei Stunden draußen und die Temperaturen hier für hiesige Verhältnisse nicht soo kalt, etwa -5 Grad....
Ich hab es jedenfalls nicht bereut, es war echt ein einzigartiges Erlebnis! (auch wenn ich es sicher noch mehr hätte genießen können, wenn ich nicht so benebelt gewesen wäre...)
Wir wurden am Anfang von Coaches in die Kunst des Schlittenhundefahrens eingewiesen. Pro Schlitten sind zwei Leute gefahren und es wurde abgewechselt, wer steuert und wer einfach nur vorne im Schlitten sitzt. Ich bin mit Luisa gefahren, außerdem waren noch dabei Nils und seine Schwester (mit Nils hatte ich ja schon zusammen bei Martina Weihanchten gefeiert), die auch beide einen eigenen Schlitten hatten. Wir haben also die Kommandos gelernt und wurden dann direkt ins kalte Wasser geschmissen und sind losgefahren. Unser Leithund hieß Willow, und dann ging es also los mit dem Kommando "Aller, Willow!! aller, aller aller!!"
Luisa ist zuerst gefahren, ich hab gesessen. Leider waren unsere Schlittenhunde allerdings mehr als übermotiviert, und obwohl Luisa mit vollem Gewicht auf der Bremse stand, hat das unsere Hunde nicht davon abgehalten loszubrechen. So hat es uns in der ersten Kurve also erstmal gegen einen Baum katapultiert...! Naja aber danach ging es eigentlich recht gut und wir haben keinen Unfall mehr gebaut :-). War nur witzig, dass wir solche Kraftpakete erwischt hatten, denn Nils mit seiner Schwester vor uns hatten genau das Gegenteil: deren Hunde haben so langsam gezogen, dass sie beinahe den Schlitten selbst schieben mussten.



Nach dem Schlittenhundefahren konnte ich mich auch noch nicht so ganz auskurieren, denn am nächsten Tag stand schon wieder etwas auf dem Programm: Amelie und Luisa hatten mir nämlich zum Geburtstag ein Konzertticket bei den Cowboys fringants geschenkt! ....Cowboys? im 21. Jahrhundert? in Kanada? ja wirklich, allerdings nicht im herkömmlichen Sinne. Bei den "Cowboys fringants" handelt es sich um eine sehr populäre Quebecer Band. Sie machen Musik im Stil Folk/ Rock gemischt mit nachdenklichen Texten - natürlich auf französisch (wobei man eher sagen muss quebecois, also das quebecer Französisch).
Die Texte handeln meist von gesellschaftskritischen Themen, dies allerdings mit einer ordentlichen Portion Ironie gemischt... Darunter setzen sie sich zum Beispiel gegen die Klimaerwärmung ein, für eine Quebecer Unabhängigkeit (ja, viele Quebecer träumen schon seit langem davon, ein eigenes Land und von Kanada unabhängig zu werden - was ich persönlich nicht verstehen kann, weil für mich Quebec trotzallem zu Kanada gehört), usw...
Die Cowboys sind hier ein echtes Massenphänomen: Jeder hört sie, jeder liebt sie. Und wenn ich sage jeder, dann meine ich jeden, angefangen von Teenagern und Jugendlichen, über junge Erwachsene, sowie Erwachsene in den 30ern, 40ern, 50ern und so weiter! So gemischt sah dann auch tatsächlich das Publikum auf ihrem Konzert aus!

Das Konzert selbst war dann echt super, einfach der Wahnsinn wie die Band live abgeht. Am herausragendsten würde ich die einzige Frau in der Gruppe bezeichen: einfach der Hammer wie sie mit ihrer Geige und abwechselnd mit dem Akkordeon spielt.

Unten noch eines der Videos der Cowboys Fringants. Es ist eines meiner Lieblingslieder von ihnen, aber recht traurig. Für alle die nicht französisch sprechen, es geht in dem Lied um den Klimawandel, eine Zeit in der Zukunft, in denen es keinen Schnee mehr gibt (für Quebec undenkbar!!!), und der letzte überlebende Mensch auf Erden auch kurz davor ist zu sterben...



Falls es euch gefallen hat, kann ich noch sehr "Entre deux taxis" und "Les etoiles Filants" empfehlen, diese beiden Lieder haben auch eine deutlich fröhlichere Grundstimmung ;-)

Aber genug über die Cowboys, und noch kurz was über quebecische Kultur. Am letzten Freitag war ich dann noch in einer "Cabane à sucre" (da ging es mir gesundheitlich dann auch endlich wieder gut). Die Cabane à sucre (= "Zuckerhütte") ist typisch für Quebec und hat normalerweise auch nur im Frühjahr geöffnet. Nämlich dann wenn der Ahornsirup hier geerntet wird! Die Cabane à sucre ist nämlich eine einzige Fressorgie, man bezahlt Eintritt und sitzt dann mehr oder weniger wie in einer Kneipe am Tisch und bekommt einen Gang nach dem anderen serviert. Alles natürlich mit Ahornsirup serviert! (wobei man diesen nicht zu allem essen muss, wenn man nicht will ;-)) Erst gab es als Vorspeise eine Suppe, dann die Haupspeise mit den verschiedensten Sachen wie quebecischer Tarte, Würstchen, Kartoffeln und jede Menge anderen Dingen. Und als Nachspeise gab es dann Crêpes und Ahornsirupkuchen.
Naja war schon ganz cool mal mitgemacht zu haben, wobei mich das Essen jetzt auch nicht soo sehr vom Hocker gehauen hat (was vielleicht auch daran liegt, dass ich als Vegetarier nicht von allem gegessen habe). Aber auch Steeve, ein Quebecer der neben mir saß meinte später, dass wir da wohl leider eine touristische Cabane à sucre erwischt hatten wo das Essen wohl nicht ganz so gut ist, wie in den kleineren, familiären...


So, damit wäre mein Update endlich geschafft, Glückwunsch an diejenigen die bis zum Schluss dabei geblieben sind ;-)

Bei mir geht es jetzt erstmal so weiter, dass ich hier den letzten Monat an der Université Laval genießen werde, aber wie es danach weiter geht weiß ich noch nicht ganz genau. Ab 1. Mai muss ich auf jedenfall aus meinem Wohnheimzmmer raus. Ich bin gerade mitten auf Jobsuche hier in Kanada und werde wohl noch ein bisschen hier bleiben und arbeiten. Wahrscheinlich fliege ich dazu wohl nach Vancouver und suche mir einen Job in den Rocky Mountains :-) ...aber mal sehen, ich freu mich jedenfalls schon drauf!

Achja, und der Frühling lässt sich selbst in Québec langsam blicken, wir hatten schon Temperaturen bis zu 10 oder 12 Grad und der Schnee schmilzt langsam dahin... der Sommer kann also kommen!

Eva

3 Kommentare:

Simone hat gesagt…

Ich habe bis zum Schluss durchgehalten.. 10-12 nennst du Frühling? hast dich ja wirklich entsprechend adaptiert! :)

Immer blöd wenn man krank ist, noch blöder, wenn es mit Klausuren oder tollen Ausflügen zusammenfällt. Trotzdem cool, dass du die Schlittenhundetour gemacht hast, war sicherlich ein einmaliges Erlebnis! :)

Wie lebt es sich denn als Vegetarier in Kanda? Kommste gut durch oder fällst du vom Fleisch?

ich drück dir Daumen für die Jobsuche: Schau doch mal, wo die deutsch-kanadische handelskammer ihren Sitz hat: wenn die gensuao cool ist, wie die deutsch-spanische, dann würd ich mich da um ein Praktikum kümmern! :)

Eva hat gesagt…

Hehe ja 10-12 Grad, das ist schon fast Sommer! ;-) Nein aber bei diesen Temperaturen muss man zumindest nicht mehr tausend Schichten anziehen, sondern kann schon die etwas dünnere Jacke aus dem Kleiderschrank nehmen! Ist ein super Gefühl, wenn man sich wieder so leicht fühlt wenn man draußen rumläuft ;-)
naja aber gerade pendelt sich die Temperatur wieder um die 0 Grad ein...

Als Vegetarier hier geht eigentlich ziemlich gut...ist zwar auch etwas ungewöhnlich für hier, aber es wird akzeptiert.
Und hier habe ich voll angefangen Tofu zu essen, weil der hier so super billig ist, mit 2 Dollarn pro riesen Pack!

Coole Idee mit der deutsch kanadischen Handelskammer! Aber bei mir ist jetzt erstmal etwas Geld verdienen angesagt... mit einem Praktikum klappts wohl diesen Sommer zeitlich einfach nicht mehr...

Reiner Schmidt hat gesagt…

jaja die Cowboys.. trotz dem traurigen Charakter muss ich aber trotzdem an Washinton und NYC denken und lachen.. wie oft haben wir das Lied gehört? 10 oder 15 mal bestimmt
gut dass du die Schlittenhunde-Tour mitgemacht hast, freut mich und frischluft ist ja Gesund


ach und simone, rede nicht immer abfällig übers Wetter in Kanada.. du wirst dir 12- 15 noch früh genug wünschn.. naja obwohl Juni, könnt noch gehen:)
nur den Regen könnte wirklich jmd abstellen.