Dienstag, 16. Juni 2009

Von Schweinegrippe und Weltwirtschaftskrise

Das Hauptgeschäft hier am Columbia Icefield macht das Imperium "Brewster", ein sehr großes Unternehmen in den Rockies, das den Großteil der Touristenattraktionen besitzt: abgesehen vom Eisfeld auch die Banff Gondola, von der ich im letzten Blogeintrag berichtet habe oder abgesehen davon bieten sie auch jede Menge Bustouren an, die Reisegruppen durch die gesamten Rockies führen.
Der Souvenirladen für den ich arbeite gehört nicht Brewster, sondern er ist unabhängig und ist ein relativ kleines Familienunternehmen. Die Familie besitzt ein paar Souvenirläden in ganz Kanada verteilt wie z.B. auch an den Niagarafällen in Ontario.

Wir haben zwei Manager hier vor Ort die unsere direkten Vorgesetzten sind, doch unser wahrer Chef ist Kevin, etwa 40 Jahre aus Vancouver, dem zusammen mit seinem Vater die Souvenirläden gehören. Da er meistens von Vancouver aus das Geschäft regelt, kannte ich Kevin bisher nur aus Telefongesprächen. Dieses Wochenede kam er persönlich vorbei, und er stellte sich als ein wirklich netter und sympathischer Typ mit asiatischen Wurzeln heraus. Für heute abend hatte er das gesamte Team zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen, und insgesamt ist es wirklich sehr nett verlaufen.
Danach stand ein ernstes Thema auf dem Programm: Kevin, so hieß es vorher, wollte mit uns, also den 5 Vollzeit- und einer Halbzeitangestellten sowie den Managern, über die aktuelle"finanzielle Situation" reden.
Ich hatte vorher schon viel mitbekommen, dass Leute sich beklagten, dass dieses Jahr nicht viele Touristen kommen, da die meisten Angst vor der Schweinegrippe haben, oder einfach das Geld nicht da ist, aufgrund der Wirtschaftskrise. In der Tat ist es nicht ungewöhnlich, dass in den Laden Chinesen oder Japaner mit einer Atemmaske kommen, um sich so vor der vermeindlichen Schweinegrippe zu schützen.
Auch das Riesenimperium Brewster hat seine Probleme mit der aktuellen Lage: die bisherige Saison hat einen Umsatzrückgang von 40 Prozent gezeigt. Die Fahrer, die hier mit dem Eisexplorer auf das Columbia Icefield fahren, und quasi am Hauptgeschäft beteiligt sind, haben gekürzte Stunden, und auch im Hotel muss das Personal gekürzt werden, so dass es aktuell nur 2 Housekeeper gibt, und es nicht selten vorkommt, dass einer der besserbezahlten aber wenig beschäftigten Fahrer beim Housekeepen mitanpackt um sein Budget aufzubessern.
Ein anderes Bespiel ist der Souvenirladen: war es früher noch im Hochsommer normal, dass alle vier Kassen auf Hochtouren laufen, haben wir es bisher noch nie nötig gehabt mehr als 2 Kassen zu öffnen.

Nun mit diesem Wissen im Hintergrund, ahnte ich nichts Gutes als es hieß, Kevin wolle mit uns über die aktuelle finanzielle Lage reden. Und ich sollte recht behalten: Im Vergleich zum Vorjahr ist der Umsatz so massiv abgebrochen, dass Kürzungen vorgenommen werden müssen. Wir als Angestellte sind vor die Wahl gestellt, ob wir jeder 5 Stunden weniger die Woche akzeptieren, was dann eine 30-Stunden Woche wäre (schon vorher hatten die Stunden gekürzt werden müssen), oder ob einer von uns freiwillig geht, oder im schlimmsten Fall gegangen wird. (und das alles obwohl vor einer Woche eine unserer Mitarbeiterinnen unerwartet aus persönlichen Gründen gekündigt hat, und wir damit eigentlich eh schon unterbesetzt wären)
Ich könnte mir absolut nicht vorstellen hier vorzeitig zu gehen, dafür gefällt es mir einfach zu gut, und ich glaube genauso geht es meinen Mitarbeitern, daher denke ich wird es wohl auf die 5 Stunden weniger die Woche auslaufen. Dies ist natürlich unschön für das Geld was ich mir hier gerne etwas angespart hätte... Aber mich trifft es dabei glaube ich noch am wenigsten hart, da meine Mitarbeiter auf das Geld angewiesen sind, um die hier in Kanada super teuren Studiengebühren zu zahlen.
Kevin unserem Chef gebe ich hierfür keine Schuld, ihm ging es sichtlich schlecht dabei uns diese Nachrichten überbringen zu müssen und für ihn geht es um das nackte Überleben seiner Firma. Das Ganze hat mir allerdings bewusst gemacht, wie stark die Wirtschaftskrise und auch die Schweinegrippe den Tourismus hier beeinflussen. Und auch für meinen Studiengang hat es mir etwas zum nachdenken gegeben: die Medien sind sicher mit schuld an der aktuellen Lage. Denn sie haben die Schweinegrippe doch sehr dramatisiert, weswegen wirklich viele ihre Reise nach Nordamerika gecancelt haben. In der Tat habe ich hier aber noch niemanden getroffen der tatsächlich in irgendeiner Weise in Kontakt mit der Schweinegrippe gekommen ist und es ist schon wahnisinn was für eine Panik darum gemacht wird.

Nun das war ausnahmsweise mal ein etwas ernsterer Beitrag... aber keine Sorge, ich werde weiterhin - wenn auch mit gekürztem Budget - die Rocky Mountains so gut wie möglich genießen. Und wer weiß vielleicht kommt der Aufschwung ja doch noch unerwarteterweise im Laufe des Sommers.

Bis bald,
Eva

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